„Woyzeck“ im Theater an der Wilhelmshöhe – Jahrgang 12 zu Gast

Als verpflichtende Lektüre wird in Vorbereitung auf das Abitur 2026 das Dramenfragment „Woyzeck“ von Georg Büchner im Fach Deutsch gelesen. Am Dienstagabend besuchte der gesamte Jahrgang 12 des KSU das Theater an der Wilhelmshöhe in Lingen, um die unterrichtliche Interpretation mit Hilfe der Inszenierung zu erweitern.
Woyzeck, ein in ärmlichen Verhältnissen lebender Soldat, könnte der Inbegriff des aufopfernden Versorgers sein: Seine Freundin Marie und er kümmern sich um ihr uneheliches Kind, aber das Geld ist knapp. Deshalb nimmt Woyzeck einen zwielichtigen Nebenjob an – er ist Proband bei den Menschenversuchen des Doktors. Dieser lässt Woyzeck seit Wochen nur Erbsen essen und führt ihn öffentlich vor. In der hierarchisch strukturierten Gesellschaft der damaligen Zeit erfährt Woyzeck allerorten ähnliche Geringschätzung und Demütigungen. Nur Marie und sein Freund Andres sind Ruhepole. Aber auch diese Ruhe wird zerstört, als Woyzeck erfährt, dass Marie eine Affäre
mit dem Tambourmajor haben könnte. Von Paranoia und Halluzinationen zerfressen, verliert er schließlich die Kontrolle über sich und seinen Verstand.
Nicht nur die Kontraste im Bühnenbild zwischen Neonfarben, Schwarzlicht, versteckten Messern und ähnlichem, sondern auch die Figurengestaltung an sich unterstützten diesen Kontrollverlust. So lernte man den Doktor als einen sehr sprunghaften und extrovertierten Charakter kennen. Marie, zu Beginn der Aufführung sehr zurückhaltend und eher mädchenhaft, wurde durch die Landesbühne Nord zum Ende hin als Feministen und kritische denkende Persönlichkeit inszeniert. Die Figur spricht über das gesellschaftliche Interesse an einem Mord wie ihrem. So wird schnell die Kritik deutlich: Man konzentriert sich nicht mehr auf die wichtigen Themen in der Informationsflut des 21. Jahrhunderts. Ein Theaterbesuch, der durchaus im Deutschunterricht des Jahrgangs 12 noch thematisiert werden wird.

Kerstin Hugenberg-Teismann