Ruth Barnett berichtet am KGH über ihre Erfahrungen als Kindertransport-Kind

Die Kinder der Kindertransporte nach England 1938/39

Glückskinder?

Mit dieser Thematik beschäftigte sich Alexander Bryant in seiner Facharbeit, die er im Rahmen des Seminarfaches „Miteinander statt gegeneinander“ verfasst hat.

Beeindruckt von der Geschichte der Kindertransport-Kinder reiste er im Sommer 2017 nach London, schaute sich dort das Theaterstück „Kindertransporte“ an und begegnetet zum ersten Mal Ruth Barnett. Nach einem regen E-Mail-Kontakt entstand die Idee, die Zeitzeugin nach Haselünne ins KGH einzuladen. Unterstützung fand er hier bei seinen Eltern, seiner Geschichtslehrerin, Natascha Jongebloed, und Herrn Schlee-Schüler.

Ruth Barnett (geb. Michaelis) wurde am 23. Januar 1935 in Berlin als Tochter einer Mutter christlichen und eines Vaters jüdischen Glaubens geboren. Im Februar 1939 kam sie als Vierjährige zusammen mit ihrem siebenjährigen Bruder in England als eine von 10 000 Kinder der Kindertransporte an und sie zogen gemeinsam zu ihrer ersten Pflegeeltern.

Vom 06.03.-08.03. ließ Ruth Barnett die Zuhörer in zwei Schulvorträgen und einer öffentlichen Veranstaltung in ihre Lebensgeschichte eintauchen und gab ihnen einen tiefen Einblick in das innere Erleben eines Kindertransport-Kindes.

In ihren einleitenden Worten zur Veranstaltung wies Natascha Jongebloed auf den Titel einer Sammlung von Interviews mit ehemaligen Kindertransport-Kindern hin, die die Problematik verdeutlicht: „The leaves have lost their trees“. Die Kinder haben ihre Familie, also ihren Stamm und ihre Wurzeln verloren. Dieser lebenswichtige Halt wurde ihnen brutal entrissen.

Genau von eben diesem Trauma der schmerzlichen Trennung berichtete auch Ruth Barnett und erklärte, dass dieses Trauma der Kindertransport-Erfahrungen sich häufig nicht nur auf die Kinder selbst beschränke, sondern auch noch das Leben und Erleben der nächsten und übernächsten Generation beeinflusse.

Ihre abschließenden Worte richtete Ruth Barnett an die (jungen) Zuhörer und wies mit Blick auf die weltweite Flüchtlingsbewegung darauf hin, dass es nicht möglich sei, die erlebten Traumata und die kulturelle Desorientierung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen außer Acht zu lassen.