Wenn das Flutlicht auf Fledermäuse und ihre Nahrung trifft
Was nachts rund ums Schloss Clemenswerth passiert
Wenn am Sportplatz in Sögel die Flutlichter eingeschaltet werden, wird das Spielfeld taghell erleuchtet. Doch was bedeutet dieses Licht für Tiere, die die Dunkelheit bevorzugen? In unmittelbarer Nähe des Schlosses Clemenswerth befinden sich mehrere vom NABU angebrachte Fledermauskästen. Etwa 20 davon liegen nahe am Sportplatz mit seinen Flutlichtanlagen, weitere rund 40 Kästen sind an den Bäumen am Schlossteich befestigt.
Im Rahmen des Seminarfaches zum Thema Lichtverschmutzung entstand die Frage, inwiefern das Flutlicht die nachtaktiven Fledermäuse in den kästennahen Bereichen beeinflusst. Zur Überprüfung wurden im Februar und im September Lichtmessungen durchgeführt, um den Einfluss der Vegetation zu berücksichtigen (siehe Abbildung). So konnte ermittelt werden, zu welchen Zeiten wie viel Licht auf die einzelnen Kästen fällt.
Die Auswertung der vom NABU bereitgestellten Daten zur Belegung der Fledermauskästen zeigt einen leichten Rückgang aller Arten in den Kästen, die sich in unmittelbarer Nähe der Flutlichter befinden. Dieser Trend ist seit der vermehrten Nutzung des Flutlichts im Jahr 2017 erkennbar.
Fledermäuse lassen sich grundsätzlich in zwei Gruppen einteilen. Die lichtempfindlichen Arten meiden bei der Nahrungssuche hell beleuchtete Bereiche und nutzen bevorzugt dunkle Flugrouten. Dagegen profitieren lichttolerante Arten von der Anziehungskraft künstlicher Lichtquellen auf Insekten und jagen effizient im Lichtkegel [1]. Unabhängig von dieser Unterscheidung reagieren
jedoch sowohl lichttolerante als auch lichtempfindliche Arten empfindlich auf Licht, wenn es um ihre Tagesquartiere geht – also jene Orte, an denen sie sich tagsüber aufhalten [1]. Die Fledermauskästen am Schloss Clemenswerth erfüllen genau diese Funktion. Daher stellt sich die Frage, ob das Flutlicht des Sportplatzes den beobachteten Rückgang der Fledermauspopulation erklären könnte.
Da Fledermäuse ihren Winterschlaf etwa von Anfang November bis März halten und nur von April bis Oktober aktiv sind [2], ist insbesondere die Messung im September aussagekräftig, da in dieser Zeit die Bäume belaubt sind.
Der Vergleich der beiden Messreihen aus Februar (ohne Laub) und September (mit Laub) zeigt deutliche Unterschiede: Die im September gemessenen Beleuchtungsstärken sind erheblich niedriger. Die Kästen in unmittelbarer Nähe des Sportplatzes weisen zwar die höchsten Werte auf, doch liegen diese mit 1,82 Millilux deutlich unter den Winterwerten von 2800 Millilux. Die übrigen Kästen liegen im September zwischen 0,4 und 0,6 Millilux, während sie im Februar Werte zwischen 200 und 2000 Millilux erreichten.
Auf Grundlage dieser Messungen lässt sich die Hypothese formulieren, dass das Licht wahrscheinlich nicht der Hauptfaktor für den leichten Rückgang der Fledermauspopulation am Schloss Clemenswerth ist. Andere Einflüsse könnten stärker wirken, etwa Lärmbelastung durch Aktivitäten auf dem Sportplatz oder ein vermindertes Nahrungsangebot, wenn Insekten vom Licht angezogen werden und dort verenden.
Licht und Nahrungsangebot
Nachdem die direkten Auswirkungen des Flutlichts auf die Fledermäuse betrachtet wurden, sollen nun die indirekten Effekte über das Nahrungsangebot untersucht werden. Lichtverschmutzung beeinflusst insbesondere die Insektenpopulation, die Hauptnahrung der Fledermäuse.
Insekten orientieren sich nachts am Mondlicht und fliegen geradlinig, wenn sie einen konstanten Winkel zum Mond halten. Straßenlampen überstrahlen dieses natürliche Licht, wodurch Insekten in spiralförmigen Flugbahnen um Lichtquellen gefangen werden [3]. Dies hat zwei Konsequenzen: Lichttolerante Fledermäuse können die leicht zugänglichen Insekten fressen, während lichtempfindliche Arten keine Beute erhalten, da sie helle Bereiche meiden. Viele Insekten sterben zudem an Erschöpfung oder durch den Kontakt mit heißen Lichtquellen.
Auch außerhalb des Lichtkegels kann künstliche Beleuchtung das Verhalten stören. Nachtfalter, ebenfalls Nahrung für Fledermäuse, fliegen unter Lichteinfluss kurviger und sind weniger geradlinig orientiert [4]. Studien zeigen, dass an beleuchteten Standorten bis zu 70 % mehr Falter zu beobachten sind, während die Artenvielfalt abnimmt [5]. In Sögel ist daher zu erwarten, dass Flutlichter in der Nähe der Fledermauskästen die Nahrungsgrundlage reduzieren und die Jagd auf Insekten erschweren.
Künstliches Licht beeinflusst auch das Paarungsverhalten. Männliche Nachtfalter erreichen unter Beleuchtung seltener weibliche Falter, da deren Duftstoffe weniger wirksam sind [6]. Dies reduziert die Fortpflanzung und führt langfristig zu einem Rückgang der Populationen, insbesondere gefährdeter Arten. Da Insekten einen großen Teil der Biomasse bilden, kann ein Rückgang der Populationen auch andere Tierarten, einschließlich Fledermäuse, indirekt betreffen.
Auch Gitterspanner werden durch künstliches Licht gestört. Sie orientieren sich im Herbst an zunehmender Dunkelheit, um den Zeitpunkt der Verpuppung zu erkennen. Licht verzögert diese Orientierung, wodurch sie bei Kälteeinbrüchen sterben können [7].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Lichtverschmutzung das Verhalten, die Entwicklung und die Fortpflanzung von Insekten erheblich beeinträchtigt. Am Sportplatz in Sögel führt dies dazu, dass Insekten angezogen werden, sich sammeln, sterben oder ihre Fortpflanzung behindert wird. Für die Fledermäuse, von denen etwa zwei Drittel lichtempfindlich sind, verringert sich dadurch die Nahrungsgrundlage erheblich. Lichttolerante Arten profitieren kurzfristig von den Insektenschwärmen, doch die Jagd außerhalb der Lichtkegel wird erschwert. Insgesamt kann dies zu einem Rückgang der Fledermauspopulationen führen.
Licht stört das Gleichgewicht der Natur
Unsere Untersuchungen zeigen, dass künstliches Licht das Verhalten von Fledermäusen erheblich beeinflusst. In beleuchteten Gebieten meiden sie ihre angestammten Jagdreviere, wodurch ihre Populationsdichte sinkt. Gleichzeitig werden ihre Beutetiere, insbesondere Insekten, in der Orientierung gestört. Dieses Zusammenspiel zwischen Räuber und Beute verändert das natürliche Gleichgewicht des nächtlichen Ökosystems.
Fledermäuse spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie Insektenpopulationen regulieren. Viele ihrer Beutetiere sind landwirtschaftliche Schädlinge, und eine einzelne Fledermaus kann in einer Nacht mehrere Tausend Insekten fressen. Wenn Fledermäuse beleuchtete Gebiete meiden, steigt die Zahl lichtanziehender Insekten, während lichtscheue Arten abnehmen. Dies verschiebt das Gleichgewicht innerhalb der Insektenpopulationen und kann auch andere Tierarten, die Pflanzen bestäuben, sowie landwirtschaftliche Erträge beeinflussen [8].
Modellstudien zeigen, dass selbst kleine Eingriffe in die natürliche Dunkelheit weitreichende ökologische Folgen haben können. Die Ergebnisse aus Sögel verdeutlichen, dass Flutlicht Lebensräume verändert, die Orientierung stört und zum Rückgang von Populationen beiträgt. Zwar ist das Sportplatzlicht nicht allein für den Rückgang der Fledermäuse verantwortlich, es verdeutlicht jedoch das größere Problem unserer immer heller werdenden Nächte. Ein bewusster Umgang mit künstlicher Beleuchtung kann dazu beitragen, dass die Dunkelheit wieder ein Lebensraum für Fledermäuse, Insekten und andere nachtaktive Tiere bleibt.
Quellen
[1] Voigt, C.C. et al. (2019) Leitfaden für die Berücksichtigung von Fledermäusen bei Beleuchtungsprojekten. Zugriff am 20.10.2025. Verfügbar S. 14f. unter: https://www.eurobats.org/sites/default/files/documents/publications/publication_series/EUROBATS_PS08_DE_RL_web_neu.pdf
[2] NABU. Das Jahr im Leben einer Fledermaus. Zugriff am 28.10.2025. Verfügbar unter: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse/wissen/24061.html
[3] Vieweg, M. (30.10.2017). Leuchtende „Insektenstaubsauger“. Zugriff am 24.09.2025. Verfügbar unter: https://www.wissenschaft.de/allgemein/leuchtende-insektenstaubsauger/
[4] Degen, J. (09.10.2024). Lichtverschmutzung stört Nachtfalter auch im Dunkeln. Zugriff am 24.09.2025. Verfügbar unter: https://www.biozentrum.uni-wuerzburg.de/bot2/aktuelles/aktuelle-meldungen/single/news/lichtverschmutzung-falter-1/
[5] Schroer, S.; Hölker, F. (2018). Auswirkung der Lichtverschmutzung auf Fauna und Flora. IGB – Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Berlin. Zugriff am 24.09.2025. Verfügbar unter: https://gfzpublic.gfz-potsdam.de/rest/items/item_5006408_2/component/file_5006409/content#page18
[6] Degen, J., Degen, T., Storms, M. (2025). Weibliche Duftstoffe ohne Wirkung: Straßenbeleuchtung reduziert Paarungsaussichten bei Nachtfaltern. Zugriff am 25.09.2025. Verfügbar unter: https://resjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/een.13441
[7] Merckx, T. et al. Dim light pollution prevents diapause induction in urban and rural moths. Zugriff am 22.10.2025. Verfügbar unter: https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1365-2664.14373
[8] Sanders, D. et al. (2023). How artifical light at night may rewire ecological networks. Nature Ecology & Evolution. Zugriff am 25.10.2025. Verfügbar unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10613535/